Etwa 800 Gläubige versammelten sich auf dem neuen Dorfplatz, um gemeinsam Eucharistie zu feiern. Pfarrer Manfred Jarosch begrüßte alle Gäste aus nah und fern recht herzlich, besonders als Hauptzelebranten den stellvertretenden Generalvikar und Offizial Monsignore Dr. Stefan Rambacher, (ehemaliger Kaplan 1987 in Mömlingen), der auch die Festpredigt hielt. Außerdem hieß er Pfarrer Josef Wirth (Ortsgeistlicher von 1965-1978), Diakon Thomas Seibert, Pastoralrefenten Benjamin Riebel und den neuen Pastoralassistenten Martin Kämpf willkommen, ebenso den Pfarrer und den Bürgermeister der französischen Partnergemeinde La Rochette in Savojen, die zu den Feierlichkeiten mit einer größeren Gruppe angereist waren.
In seiner Einleitung sagte Dr. Rambacher: er freue sich, die 1200 Jahrfeier mit den Mömlingern zu begehen. 1200 Jahre seien eine lange Zeit, verbunden mit einer großen Geschichte. Geschichte stehe aber nicht nur in Büchern, sondern wir alle können sie in unserer Zeit mitgestalten, damit unsere Welt ein Stück lebenswerter und liebenswerter wird. Gott lenkt die Geschicke der Welt, wir bitten darum, dass die Eintracht wachsen möge, auch zwischen den Völkern.
Die Lesung aus dem Römerbrief, forderte die Besucher auf, ihre Berufung ernst zu nehmen: „Lasst euch vom Geist entflammen und dienet dem Herrn. Freut euch mit den Fröhlichen und weint mit den Traurigen.“ Die Gottes- und Nächstenliebe wurde aber auch im Matthäus-Evangelium 22 angesprochen, als an Jesus die Frage herangetragen wird: Welches Gebot ist das das wichtigste?
„Aus welchen Quellen heraus können wir unsere Werte bei Veränderungen und Umbrüchen schöpfen“. Dieser Frage ging Dr. Rambacher in seiner Predigt nach (siehe unten).
Bürgermeister, Gemeinderäte und Gäste sprachen gemeinsam die Fürbitten. Neben den weltpolitischen Themen und großen Anliegen wurde die Hoffnung geäußert, dass alle Besucher auf dem neuen Dorfplatz Gemeinschaft finden und dass Vergeben und Versöhnung das Band der Freundschaft stärken möge, wie es zwischen den Deutschen und Franzosen gelungen ist.
Bürgermeister Siegfried Scholtka dankte am Ende des Gottesdienstes Dr. Rambacher für seine eindrucksvolle Predigt, für die er spontanen Applaus erhalten hatte.
Nach dem Gottesdienst wurde am Rathausplatz die Stele zur Erinnerung an das 1200-jährige Bestehen Mömlingens enthüllt. Symbole, die die Geschichte Mömlingens verkörpern, auch die kirchliche Geschichte, sind auf der Stele angebracht.
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Hier die Predigt in voller Länge:
Liebe Mömlinger, liebe Schwestern und Brüder,
Als Pfarrer oder Seelsorger wird man hin und wieder zu einem runden Geburtstag eingeladen. Inzwischen ist es auch keine Seltenheit mehr, dass unter den Jubilaren so mancher ist, der auf ein langes Leben zurückschauen kann. Wer seinen 80., 85. oder gar 90. Geburtstag feiern darf, hat oft viel zu erzählen. Wenn man da zusammensitzt und feiert, gehen auf einmal die Erinnerungen zurück – dann wird erzählt, wie es früher war, cellemol – was man da alles erlebt hat - Glückliches und Schönes, aber auch manch Schweres und Leidvolles. Man erzählt, was das Leben geprägt und bestimmt hat, was früher anders war als heute.
Um einen runden Geburtstag geht es auch bei diesem Fest… Mömlingen darf in diesem Jahr auf 1200 Jahre seines Bestehens zurückschauen. Das ist allemal ein Grund, dankbar zu sein und ein frohes Fest zu feiern. Und wie es Jubilare gerne machen, lässt auch Mömlingen in diesen Tagen Erinnerungen wach werden und spielt und erzählt, wie es früher war, was vor Jahrzehnten und Jahrhunderten das Leben hier ausgemacht und geprägt hat.
Der eigenen Wurzeln bewusst werden
Wenn Geschichte lebendig wird, geht es aber nie nur um die Vergangenheit. Wenn wir zurückschauen und uns erinnern, dann stellt sich immer auch die Frage: was lernen wir daraus für unser Hier und Heute? Es ist wichtig, sich der eigenen Wurzeln bewusst zu werden, wenn es darum geht, unsere Gegenwart und unsere Zukunft zu gestalten.
Mömlingen hat einiges erlebt in seinen 1200 Jahren: die Anfänge, die mit dem Kloster Fulda verbunden sind, nicht lange nach der Zeit des hl. Bonifaz. So gehört die christliche Prägung zu den Fundamenten, auf denen Eure Gemeinde erbaut ist. Später, im hohen Mittelalter hat Mömlingen die Spannungen zwischen Mainz und den Herren von Breuburg abbekommen. Härter noch hat der 30-jährige Krieg den Menschen hier zugesetzt. In der jüngeren Vergangenheit haben immer wieder wirtschaftliche Veränderungen und Umbrüche das Leben vor große Herausforderungen gestellt.
Ein positiver Aufbruch im kirchlichen Bereich war die Zeit nach dem II. Vatikanischen Konzil und der Würzburger Synode, die in der Pfarrei hier mit viel Begeisterung umgesetzt wurden. Ein starkes Engagement aus christlichem Glauben quer durch alle Altersgruppen hat in den letzten Jahrzehnten das Gesicht von Mömlingen mitgeprägt – und über die Kirchengemeinde hinaus in das soziale und kommunale Leben dieses Ortes hineingewirkt.
Die Zeit bleibt aber nicht stehen, sie geht weiter! In unseren Tagen erleben wir erneut starke Umbrüche und Veränderungen und stehen vor ganz neuen Herausforderungen. Der Strom von Menschen, die aus anderen Ländern und Kulturen bei uns Zuflucht suchen – vor Krieg und vor Armut, hat Europa längst verändert, bis hinein in unsere ländlichen Gemeinden. Die Aufnahme und Integration dieser Menschen ist eine gesellschaftliche Aufgabe, bei der wir erst am Anfang stehen. In diesem Zusammenhang ist die Frage nach einer Leitkultur neu bei uns aufgeworfen worden, nach Werten, die uns in unserer Gesellschaft wichtig sind und die von allen respektiert werden sollten. In dieser Debatte ist deutlich geworden: es ist gar nicht so leicht, hier einen Konsens zu finden und sagen zu können, was eine gemeinsame Wertebasis in unserer Gesellschaft ist. Die wachsende Zahl von Menschen verschiedener Religionen bei uns war wohl Anlass für den Bayerischen Rundfunk, eine Themenwoche zu gestalten, was Menschen in Deutschland glauben. Und erwartungsgemäß kam dabei eine bunte Vielfalt an Glaubens- und Weltanschauungen zur Sprache.
Ein gedeihliches Zusammenleben braucht ein Fundament von Werten
Es gibt auf der einen Seite Bestrebungen und Tendenzen, Glaube und Religion aus dem öffentlichen Leben weitgehend zurückzudrängen ins Private. Die Diskussion um das Kreuz auf der Kuppel des Berliner Schlosses ist dafür ein sprechendes Beispiel. Auf der anderen Seite gibt es doch auch ein Bewusstsein für das, was der frühere Verfassungsrechtler Ernst Wolfgang Böckenförde einmal auf den Punkt gebracht hat: Staat und Gesellschaft leben von Voraussetzungen, die sie sich selbst nicht geben und garantieren können! Er meinte damit: ein gedeihliches Zusammenleben, sei es im Staat oder im überschaubaren Raum einer Gemeinde, braucht ein Fundament von Werten, die nicht beliebig sind; von Werten, die tiefer wurzeln als das politische Alltagsgeschäft oder praktische Entscheidungen.
Neulich las ich in einem Zeitungsartikel, dass Eltern, die religiös nicht gebunden sind, doch zunehmend eine Werteerziehung von der Schule erwarten. Darin zeigt sich doch ein Bedürfnis nach Sinn und Wegweisung für unser Leben. Es zeigt sich darin aber auch eine gewisse Hilflosigkeit und Unsicherheit von Eltern in dem, was eigentlich ihre ureigene Aufgabe wäre. Und die Frage bleibt: aus welcher Quelle können Werte vermittelt werden?
Liebe Schwestern und Brüder,
Die christlichen Kirchen haben heute längst kein Monopol mehr, wenn es um die Frage nach dem Sinn des Lebens und nach Werten in unserer Gesellschaft geht. Und es kann der Kirche auch gar nicht darum gehen, hier wieder eine Vormachtstellung zurück zu gewinnen. Im Konzert einer pluralen Gesellschaft können Christen nur Zeugnis geben und einbringen, was ihnen aus ihrem Glauben wichtig ist für ein gelingendes Leben und für ein gutes und menschliches Miteinander.
„Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben aus ganzem Herzen und ganzer Seele, und deinen Nächsten wie dich selbst“ – das ist so ein Kernsatz christlichen Glaubens und Lebensverständnisses. Er gründet in der Überzeugung, dass jeder Mensch Gottes geliebtes Geschöpf ist und deshalb jeder und jede gleichen Wert und gleiche Würde hat: egal welchen Standes, welcher Bildung, egal aus welchem Land oder welcher Kultur. Die Liebe zu Gott und zum Nächsten ist nicht nur ein Auftrag. Sie ist auch die Erfüllung unseres Lebens, weil Gott selbst die Liebe ist und wir nach seinem Bild geschaffen sind. Wir sind aus Liebe und auf Liebe hin geschafften - und darin liegt der Sinn unseres Lebens.
Das ist ein anderes Grundverständnis vom Leben als wenn man sagen würde: jeder ist sich selbst der Nächste, Hauptsache, du hast Erfolg; was zählt, sind Leistung und Geld; du musst nur auf deine Kosten kommen.
Die Frage ist: welche Gesellschaft wollen wir in der Zukunft? Und damit hängt eine andere zusammen: was wünsche ich mir von meinen Mitmenschen und wie will ich selber sein oder werden?
Der Christliche Glaube ist eine Quelle, woraus wir schöpfen können
Liebe Schwestern und Brüder,
Die Botschaft Jesu und der christliche Glaube bieten uns hier eine Quelle, aus der wir schöpfen können. Sie hilft uns, dass wir uns selber annehmen, wachsen und reifen können aus dem Ur-Vertrauen, dass wir von Gott geliebt sind. Und Jesu Botschaft ermutigt uns, unser Zusammenleben nicht als Konkurrenz zu sehen, sondern als Gemeinschaft aufzubauen und zu gestalten, solidarisch zu sein, Brücken zu bauen und füreinander zu leben und einzustehen.
In der Geschichte unserer Heimat hat oft ein gutes und vertrauensvolles Zusammenwirken von politischer und kirchlicher Gemeinde stattgefunden. Es hat dazu beigetragen, mit haupt- und ehrenamtlich Engagierten aus beiden Bereichen, dass eine menschliche, ein liebens- und lebenswerte Kultur gewachsen ist, Gemeinde mit Herz. In all den Umbrüchen und Herausforderungen unserer Zeit kann man sich nur wünschen, dass das auch in der Zukunft erhalten bleibt und gelebt wird. Denn viele soziale Aufgaben, sei es im Blick auf Kinder und ihre Erziehung, auf Familien oder auf alte und kranke Menschen, brauchen das Engagement und den Einsatz von vielen, das Miteinander aller Kräfte. Wir brauchen ein Engagement, das aus dem Herzen kommt und von Werten getragen ist, wie sie uns die Botschaft Jesu vermittelt.
Das wünsche ich Mömlingen für den Weg in die Zukunft: dass es aus einem guten Miteinander aller Gemeinde mit Herz bleibt.
Domkapitular Dr. Stefan Rambacher