Würzburg (POW) Eine klare Absage an jegliche Form der „emotionalen Rattenfängerei“ wie bei „Pediga“ hat Vorsitzender Karl-Peter Büttner am Freitag, 20. März, bei der Frühjahrsvollversammlung des Diözesanrats der Katholiken im Bistum Würzburg erteilt. „Nur mit Ressentiments und einer radikalen Haltung gegen etwas oder jemanden lässt sich Solidarität zwar kurzfristig hochpuschen, auf Dauer in einer Demokratie nicht gestalterisch durchhalten.“ Büttners Bericht zur Lage bildete gemeinsam mit dem Wort von Bischof Dr. Friedhelm Hofmann den Auftakt der Veranstaltung, die bis Samstag, 21. März, im Exerzitienhaus Himmelspforten stattfindet. Ein inhaltlicher Schwerpunkt ist das Thema Flüchtlinge und Asylbewerber.
Bischof Hofmann und Büttner erinnerten an den im November verstorbenen Generalvikar Dr. Karl Hillenbrand und seine Verdienste um das Bistum Würzburg. „Er blieb nie im Einzelnen stecken, sondern verortete das kurzfristig Aktuelle im Ganzen unseres Glaubens. Seine hilfreichen Entscheidungen gründeten zutiefst im Glauben der Kirche, den er ausnahmslos teilte“, sagte der Bischof.
Mit Blick auf die derzeitige Visitation im Dekanat Bad Kissingen hob er hervor, wie wichtig der vielfältige Einsatz der Ehrenamtlichen für die Kirche sei. „Wenn wir Sie alle vor Ort nicht hätten, mit Ihrem Engagement und Ihrer Tatkraft, dann wäre das Leben in unseren Pfarrgemeinden nicht möglich.“ Es sei wichtig, Kirche als Ort der Beheimatung so gut es geht zu erhalten. „Das sind wir den Menschen in unseren Pfarrgemeinden auch in den kleinen Dörfern schuldig.“ Wertschätzung für den Dienst aller Christen müsse die Grundhaltung der Begegnung miteinander sein, betonte Bischof Hofmann. Besonders hob er auch das vor wenigen Tagen begangene 40. Jubiläum der Bischofsweihe seines Vorgängers Dr. Paul-Werner Scheele hervor. Dessen Wirken und Lebenserfahrung sei ein Schatz, den es zu würdigen gelte.
Diözesanratsvorsitzender Büttner unterstrich in seinem Bericht, dass angesichts der Aktivitäten von Pegida viele kirchliche Gruppen deutlich Flagge zeigten für Vielfalt, Toleranz und Frieden zwischen Menschen verschiedener Religionen, Völker, Hautfarbe und Herkunft. „Andererseits muss uns nachdenklich machen, dass die Zahl der Unzufriedenen, der Unverstandenen und Verunsicherten nicht gering ist und sich schon seit Jahren in der Zahl der Nichtwähler zeigt.“ Die Politik sei gut beraten, dieses Potenzial ernst zu nehmen und durch noch größere Transparenz, Bürgerbeteiligung und vor allem rational nachvollziehbare Entscheidungen zu begegnen. „Und es gilt auch: Verantwortungsvolle Politik muss das Wohl und die Würde jedes einzelnen Menschen im Blick haben, nicht nur des deutschen Staatsbürgers.“ Konkret werde das unter anderem bei der Höhe des Hartz-IV-Regelsatzes oder dem Schutz des menschlichen Lebens – „in allen Phasen von Anfang an bis zu seinem natürlichen Ende“. Im Sommer und Herbst diskutiere und beschließe der Bundestag über die gesetzliche Regelung des Sterbens in Würde. „Als Christinnen und Christen mischen wir uns selbstverständlich in die Beantwortung all dieser Fragen ein.“
Eindringlich appellierte Büttner an die Mitglieder des Diözesanrats, Papst Franziskus bei seinem Einsatz für die Reform der Kirche im Innersten zu unterstützen. „Wir dürfen nicht nur abwarten und nach Rom schauen, sondern sollten ganz konkret in unserem Land daran arbeiten, dass der Ruf des Papstes nach einer Kirche der Barmherzigkeit und der radikalen Zuwendung zu denen, die in Kirche und Gesellschaft am Rand stehen, Wirklichkeit wird.“ Im Blick auf die im Herbst beginnende Weltbischofsynode zum Thema Familie und Sexualität ermahnte Büttner dazu, bei aller Heterogenität in den Überzeugungen als Gemeinschaft der Glaubenden im Gespräch zu bleiben und möglichst viele Katholiken im Überlegungsprozess mitzunehmen. „Häufig haben wir es bei kirchlichen Problemen nicht mit unverrückbaren Wahrheiten, sondern mit ganz pragmatischen Lösungen zu tun.“ Er halte sich weiterhin für gut katholisch, wenn er überzeugt sei, dass sich beim Thema Geschieden-Wiederverheiratete vernünftige und verantwortbare Kompromisse finden ließen, ohne die Unauflöslichkeit der sakramental geschlossenen Ehe zu relativieren, erklärte der Diözesanratsvorsitzende.
Bei Ehe und Familie, Sexualität und Partnerschaft dürfe nicht nur mit unrealistischen Idealbildern gearbeitet werden, welche die Lebenswirklichkeit vielfach zu Unrecht abqualifizierten. Worum es in diesem Zusammenhang nach christlichem Verständnis eigentlich gehe – Liebe, Verantwortung, Treue, Freiheit der Bindung –, das wollten gläubige Katholiken auch nicht vorschnell aufgeben. „Hier geht es auch um Scheitern, Schuld, Vergebung und Versöhnung. Wenn wir das begriffen haben, verlieren wir uns auch nicht mehr in Detailfragen. Es muss um die alles entscheidende Frage gehen, was der menschlichen Würde als Person entspricht.“
Als Beispiel nannte Büttner die Diskussion um „unnatürliche“ und „natürliche“ Methoden der Empfängnisverhütung. „Es ist grober Unfug, ja ein Skandal, wenn Abtreibung und ‚künstliche‘ Empfängnisverhütung auf eine Ebene gestellt werden.“ Zugleich sei es auch vollkommen inakzeptabel, wenn eine tatsächlich abtreibende Methode als legitime Empfängnisverhütung propagiert werde, sagte Büttner unter dem Applaus der Versammlung. Kirche solle davon erzählen, dass Ehe, Familie, Sexualität und gelungene Partnerschaften Gottesgeschenke seien, die mit Freude, Achtung und Verantwortung in Freiheit angenommen werden dürften. Zugleich solle Kirche auch erfahrbar machen, wie sie christlich mit Menschen umgeht, deren Beziehungen scheiterten. „Wer weiß, vielleicht können sich ja in der Umsetzung des Subsidiaritätsprinzips innerhalb der Kirche Gestaltungsspielräume auf ortskirchliche Ebene eröffnen.“
Mit Blick auf die Ernennung des neuen Generalvikars Thomas Keßler sagte Büttner, er habe nicht den geringsten Zweifel daran, dass die bewährte, mit seinem Vorgänger selbstverständliche, offene und vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Generalvikar und Diözesanrat ihre Fortsetzung finden werde.
mh (POW)
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